Fremde Heimat – Ein Theaterprojekt des S4 Theaterkurses und des S2 Kunstkurses der Lessing-Stadtteilschule

(Fotograf: Fabian Hammerl)

„Wir wollen Veränderung für dieses Land, aber natürlich soll man die Veränderung auch sehen, langsam wird’s Zeit. Das ist genau, was wir wollen“,  rufen 16 Schüler des Theaterkurses mit Unterstützung von 20 Schülern des Kunstkurses einem sichtlich beeindruckten und auch überraschten Publikum im Foyer der Lessing-Stadtteilschule entgegen. Eine Aussage, die man diesen jungen Menschen sofort abkauft. Voller Energie steigern sie ihren Protestruf, der aus Elfride Jelineks Stück „Wut“ stammt und enden mit den Worten: „Jetzt sind wir da! Wir lassen uns nicht belehren, wir lassen uns nicht erziehen, wir ziehen jetzt los.“ Dieses Losziehen nehmen diese 37 Künstler auch wörtlich, denn unter dem Motto „Theaterspielen an anderen Orten“ wird das Publikum in Gruppen aufgeteilt und auf eine interaktive Reise rund um das Thema „Heimat“ und „Fremde“ geschickt. Auf dieser Reise erkunden die Besucher sechs Stationen, die das thematische Spannungsfeld aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Schwerpunkten beleuchten. Das Besondere daran: Die Theaterszenen werden durch ganz unterschiedliche Kunstprojekte unterstützt. So fühlt sich ein junger Mann in einem fremden Land unwohl und will wieder zurück in seine Heimat. Fremde Fabelwesen, die durch selbst hergestellte Body Extensions in Anlehnung an die Aktionskünstlerin Rebecca Horn, dieses Unwohlsein des Protagonisten noch weiter hervorheben, verstärkt die kalte und ungemütliche Atmosphäre.

Doch die Kunst steht nicht nur als Unterstützung dem Theater zur Seite, sondern an Stationen auch selbst im Mittelpunkt. So kann das Publikum in „One-Minute-Sculptures“, die Menschen und Gegenstände in absurden Situationen darstellen, sein akrobatisches Geschick unter Beweis stellen oder in einem dunklen Gang, der mit Schwarzlicht ausgeleuchtet wird, mit Neonkreide eigene Gedanken zum Thema „Heimat“ und „Fremde“ festhalten und damit Licht ins Dunkle bringen.

Am Ende dieser Reise werden die von Guides geführten Zuschauer wieder zum Ausgangspunkt der Reise geführt. Dabei erklingen sechs verschiedene Lieder, abgespielt von Handys der Schauspieler, die die Jungendlichen mit Heimat verbinden. Der bunte Theaterabend endet  mit biografischen Sätzen der Schüler: „Heimat ist ein Ort, an dem ich sein kann, wie ich bin“, „Heimat ist kein spezieller Ort, sondern ein Gedanke“ oder „Fremd ist mein Heimatland.“

Nach der Vorstellung sind sich alle Beteiligten einig: Es war ein abwechslungsreicher, spannender Theaterabend, der zum Nachdenken anregte und zeigte, wie toll Theater und Kunst zusammenarbeiten können.

Ein großes Dankeschön gilt dem Thalia-Theater, das durch Workshops den künstlerischen Prozess unterstützt und vorangebracht hat, und dem Regisseur Helge Schmidt, der durch seine dramaturgischen und gestalterischen Ideen die Theaterszenen weiterentwickelt hat.

Der Film zum Projekt kann hier abgerufen werden.